Ryo Kashiwazaki ist ein junger Unternehmer mit einer altmodischen Einstellung. Als Gründer von Hender Scheme, einer Schuh- und Accessoire-Marke, die vor allem für ihre begehrten handgefertigten Leder-Sneaker bekannt ist, versucht Ryo, die wachsende Kluft zwischen Japans traditionellen Kunsthandwerkern und der neuen Generation talentierter Menschen zu überbrücken. „Es bringt nichts, Vergleiche anzustellen, wer besser oder schlechter ist“, sagt er. „Wir müssen zusammenleben und Ideen austauschen.“
Statt seine ersten Erfahrungen in einem Atelier zu sammeln, sammelte Ryo Erfahrungen in einer Fabrik und einer Schuhreparaturwerkstatt. Er sieht sich selbst lieber als Hersteller denn als Designer. Er gründete Hender Scheme im Jahr 2010 und arbeitete die ersten drei Jahre allein. Durch die Einstellung von Mitarbeitern hat sich das Leistungsspektrum der Marke erweitert: Neben Lederschuhen produziert das Unternehmen nun auch Ledergürtel, flotte Baseballkappen und sogar eine Lederjacke, die im Einzelhandel über 3.000 Dollar kostet. „Die Möglichkeiten einer einzelnen Person sind begrenzt“, sagt Ryo. Dennoch zieht er es vor, ein straffes Regiment zu führen, das die Werte des Unternehmens widerspiegelt. Ein kleines Team von 13 Mitarbeitern kümmert sich um die gesamte Herstellung, den Vertrieb und die PR. „Wir versuchen, Outsourcing so weit wie möglich zu vermeiden und die Produkte und die Marke gründlich zu verstehen“, erklärt er.
Ryos Geschäftsmodell basiert auf der Wertschätzung der technischen Fertigkeiten, die für die Herstellung langlebiger Produkte erforderlich sind. Ein Beispiel dafür ist seine Homage-Linie, eine Sneaker-Kollektion, die die klassische Silhouette kultiger Sneaker aus pflanzlich gegerbtem Leder neu interpretiert: Ein glänzendes Paar fabrikneuer Sneaker wird durch den Glanz abgetragenen Rindsleders ersetzt. Für Ryo verändert sich die Bedeutung eines massenproduzierten Klassikers der Straßenkultur, wenn er in ein handwerkliches Objekt verwandelt wird. „Die Kernidee der Marke ist, dass wir unsere Produkte nicht als fertig betrachten, wenn sie im Laden ausgestellt sind“, sagt er. „Erst durch die tatsächliche Nutzung durch den Kunden werden die Produkte ihrer Vollendung näher.“
In den Anfangstagen seines Unternehmens trieb Ryo jugendlicher Elan und Tatendrang voran: „Ich hatte nichts zu verlieren oder mir Sorgen zu machen“, sagt er. Sein wachsender Erfolg bedeutete, dass er diese anfängliche – wie er argumentiert, notwendige – Naivität gegen eine besonnenere Herangehensweise eintauschte. Dabei blieb er stets seinem Instinkt treu. „Ich bin derjenige, der die Entscheidungen für mein Unternehmen trifft, unter allen Umständen“, sagt er. „Jeder Rat ist nur ein Rat – ich betrachte ihn als Meinung. Zehn Personen haben zehn Perspektiven. Man muss sorgfältig nachdenken, einfühlsam sein und Entscheidungen aus eigenem Antrieb treffen.“ / KINFOLK